on 13. März 2009 by MuGo
Okay, da passiert echt einmal was, dass ich einfach nur noch irritierend und unfassbar finde und dann schaffen es die so genannten „Medien“ und „Volksverteter“ tatsächlich, innerhalb von nur einem Tag in die offensichtlichste Falle aller Zeiten hineinzulaufen – wenn man denn ein wenig Ahnung hat, was heutzutage alles möglich ist.
Zugegeben, ich bin auch erst seit einiger Zeit am Rande des Sumpfes unterwegs, der unserer Gesellschaft brutal den Spiegel vorhält, aber diesen Realitätsschock kann ich jedem nur empfehlen!
Die Rede ist natürlich von unseren geliebten Imageboards – oder „Chats“, wie sie die Experten der seriösen und nicht so seriösen Presseliebevoll zu nennen pflegen.
Kaum lese ich, der in den letzten Tagen ein wenig weg war von den Nachrichten und nur das Gröbste wusste, dass Tim K. (er heißt leider doch nicht Kritzl wie von mir anfangs vermutet) die Tat im Internet angekündigt haben soll, weicht das Unverständnis in mir schon wieder einem Grinsen: „Bitte lass es Krautchan sein!“ Und was folgt? Ein Text, der mit „Scheiße Bernd“ beginnt. Zum Glück war ich der letzte im Büro! Kann es ein größeres Klischee geben? Das Niveau passt perfekt, es wird exzessiv von Bernd geredet, selbst trollen und grillen kommt drin vor. Es fehlt eigentlich nur noch „Raus aus meinem Krautchan!“ als erster Kommentar darunter (Kleiner Einschub: Ich bin kein Bernd, für mich gelten Regel eins und zwei deshalb nicht – mein Kontakt beschränkt sich darauf, dass mir eine nahestehende Person, nennen wir sie Bernd, regelmäßig die besseren, nicht kinderporno-verwandten Bilder zuschickt). Jeder, der sich einmal die Mühe gemacht hätte, sich andere Beiträge anzusehen, wüsste, dass es offensichtlich wieder jemand darauf hat ankommen lassen, wie weit man gehen kann.
Tja, dank diverser Copy Pasta-Medien hat er es jetzt tatsächlich geschafft: Der kranke Humor hat einmal mehr einer hysterischen und unwissenden Masse seinen Willen aufgedrückt. Und Krautchan wird ab jetzt wohl für immer als Beispiel dafür gelten, was das Internetz mit unserer unschuldigen und unbedarften Jugend anzurichten weiß. Ist das gerechtfertigt? Nein! Natürlich treiben sich da Pädophile auf Krautchan herum und ja, ich finde Kinderporno-Bilder nicht so lustig, aber im Endeffekt sind die wirklichen Nutzer ziemlich intelligente Leute, die ausprobieren, was man alles manipulieren kann. Wer die Bilder kennt, die auf 4chan oder Krautchan so herumschwirren, glaubt keinem Bildmaterial mehr, das er nicht selber aufgenommen hat! Und der Humor ist grenzwertig, aber wir leben eben in einer enttabuisierten Gesellschaft – was will man da erwarten? Hardcore-Pornographie und Gewalt sind rund um die Uhr jederzeit verfügbar – und das ist garnatiert keine Folge davon, dass sich Dreizehnjährige dieses Zeug illegal herunterladen. Selbst Pornos für die abstrusesten Fetische (ich sag nur: Sex mit bein- und armamputierten Frauen!) werden ja aus dem Grund gedreht, weil irgendwer damit Geld verdienen will. Und dieses Geld ist sicherlich nicht das Taschengeld vom achtjährigen Kevin, sondern das Weihnachtsgeld vom 48jährigen Jürgen. Die Jugend einer Gesellschaft ist nur so gut wie die Gesellschaft!
P.S: Ein guter Einstieg in die Realität stellt immer noch die Encyclopedia Dramatica dar. Alle Memes werden erklärt und auch die wichtigsten Begriffe, die auf Imageboards auftauchen (Over 9000, last thusday, thirteen year old girl, epic win).
P.P.S: Schon mal darüber nachgedacht, dass Krautchan eventuell alles gelöscht hat, weil es nicht lustig ist, wenn man im Zentrum des allgemeinen Interesses steht und den Medien aufgeht, dass die Website außer einer „Amoklaufankündigung“ auch noch CP, Rechtsrock und Hitlerbilder in rauen Mengen enthält? Könnte unangenehm werden, vor allem, wenn die Gegner „focusonline@amoklauf“ und BILD heißen!
P.P.P.S: Liebe Süddeutsche – regt euch nicht so sehr über den FOCUS auf. Leider habe ich inzwischen den Eindruck, dass eure Panorama-Sektion nur neidisch ist, nicht selbst auf so eine geniale Idee mit dem Twitter gekommen zu sein. Die ist nämlich inzwischen genauso schlimm wie die von SPON – und da arbeiten bekanntlich ehemalige BILD-Redakteure…