Und Heinz hat mit Tocotronic Bier getrunken, ich hab sie nur live gesehen!

Der Messias stieg zur Erde herab, ich habe mich als Metrosexueller geoutet und der Teufel wollte mein Essen! Aber der Reihe nach…

Vielleicht hat es der eine oder andere schon mitbekommen, aber ich war gestern beim Tocotronic-Konzert. Leider wurde ich maßlos enttäuscht: Keine Emos, nur Menschen in normalen Klamotten (in solcher Zahl sieht man sie in Dresden sonst nur in der Uni – der Rest trägt die Jogginghose mit Stolz!). Dafür war es aber ein echt geiles Konzert in einer netten Location.

Von den Wölfen der Lausitz – ich habe mich vorher tatsächlich noch in meinen Studium Generale-Kurs gesetzt – ging es direkt zu den Tocos in den Alten Schlachthof. Stilecht für eine Band der Hamburger Schule lief dazu auf meinem MP3-Player Stereo Total und Mobb Deep. Was auch sonst?

Da sich leider keiner bereit erklärt hat, mit mir zum Konzert zu gehen und ich es auch vorziehe, alleine zu gehen, bevor ich mit irgendjemandem, der mir zuliebe mitkommt in der Ecke stehe, stand ich also nun ein wenig dumm mit meinem Krusovice in der Halle herum. Ich konnte mich nicht dazu durchringen, am Merchandise-Stand ein T-Shirt zu kaufen, weil ich es nicht anziehen wollte (von wegen zu viele Klamotten bedeutet auch mehr Schwitzen) und ich meine Jacke bereits abgegeben hatte. Ein Fehler.

Aber erstmal guckte ich also nun dumm in der Gegend herum und hoffte darauf, dass mich vielleicht zufälligerweise das hübscheste Mädchen der Welt ansprechen würde. Oder zumindest irgendjemand, den ich durch Zufall kennen würde. Zu meinem Erstaunen passierte dies aber nicht. Dafür kam Troy von Balthazar, der Teufel höchstpersönlich, und spielte auf. Ich will ja nichts gegen ihn sagen, aber das war schon, ähm, sehr interessant, was er auf der Bühne abgezogen hat. Nette Musik und irgendwie passend zu Tocotronic, wenn auch auf einem sehr entfernten Level. Außerdem hatte er Emily Adeline dabei – das allein hat es schon lohnenswert gemacht. Und wie gesagt, er wollte mein Essen und hat am Ende gratis Poster verteilt. Netter Typ und anscheinend nicht einmal halb so fertig wie er auf der Bühne wirkt.

Aber wer will schon Troy von Balthazar, wenn er Tocotronic haben kann? Vielleicht ein bisschen fies formuliert, aber damit müssen Vorbands eben leben – am Ende zählt die Hauptband. Und was für eine Hauptband. Für mich sind Tocotronic die wichtigste deutsche Band der Neunziger! Dementsprechend war ich auch gespannt und das nicht zu unrecht. Tocotronic sind eine gute Liveband, die es verstehen, das Konzert nicht mit unklug plazierten Balladen zu entschärfen. Der einzige Wermutstropfen: Eigentlich war ich ja auch grade wegen dieser Lieder gekommen – gespielt wurden aber in erster Linie Lieder von den letzten drei Alben. Das war insofern blöd, als dass ich von diesen Alben nur eins besitze. Klar, ich kenne Hi Freaks, Kapitulation oder Free Hospital, aber ich mag auch Lieder wie Letztes Jahr im Sommer. Dennoch: Es war richtig, auf diese melancholischen Lieder zu verzichten und dafür auf Lieder vom aktuellen Album und absolute Hymnen wie Aber hier Leben, nein Danke zu setzen. Und die Zugaben mit Drüben auf dem Hügel haben auch mich wieder zufrieden gestellt – auch, weil es sich dazu gut abgehen lies.

Der absolute Oberhammer war aber trotzdem die letzte Zugabe: Freiburg – zelebriert und dazu von 2000 Leuten mitgesungen. Das hat schon was. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt hat sich Dirk von Lowtzow endgültig als Messias geoutet. Der Hammer, wie der Typ auf die Masse anspringt. Nicht als Rampensau, aber auf eine ganz intensive Art und Weise. Ist ja eigentlich auch egal, die Hauptsache ist, dass ich IHN berührt habe. Ich durfte für eine lächerliche Sekunde sein eklig verschwitztes Hemd berühren. Und ich glaube, spätestens an diesem Punkt kann jeder abschätzen, ob er mit mir auf ein Konzert gehen möchte oder nicht (das nächste ist Anajo – ich sag nur: Monika Tanzband!). Denn darum gehe ich auf Konzerte: Um meine Helden total spackig abzufeiern und mich wie eine Zwölfjährige beim Tokio Hotel-Konzert aufzuführen. Wenn ein Frontmann in den Graben steigt, dann muss man eben die vier Mädchen vor sich erdrücken, um ihn berühren zu können – sonst wird das nie was mit der Heldenverehrung!

Ja, so war das damals, als Tocotronic im Alten Schlachthof gespielt haben…

Nach dem Pflichtteil darf die Kür natürlich nicht fehlen: Denn wie war das nochmal mit der Metrosexualität? Ich will es euch nicht vorenthalten, darum noch letzte abschließende Anekdote: Wie bereits gesagt, ich habe mir vor dem Konzert kein T-Shirt geholt. Dies wollte ich nach dem Konzert nachholen. Allerdings war zu meiner Enttäuschung das von mir präferierte Shirt nur noch in XL zu haben – und darin kann ich wohnen; größer als M sieht an mir aus wie ein Footballtrikot. Ich wollte schon enttäuscht abdrehen, als der Verkäufer mir sagte, dass er mir noch die Frauengröße L anbieten könnte. Es wäre natürlich etwas enganliegend, aber eigentlich müsste ich das tragen können. Okay, ich hatte drei Bier intus und T-Shirts trage ich meistens auch lieber S als M und darum habe ich es mir erstmal geben lassen. Nur hatte ich ein Problem: Eklig verschwitzt wie ich war, wollte ich es eigentlich nicht zur Probe anziehen. Der Verkäufer meinte nun wiederum, dass das schon in ordnung wäre. Gesagt, getan. Gepasst hat es wie eine Eins, auch wenn der Schnitt etwas gewöhnungsbedürftig ist: An der Taille enganliegend, dafür aber an Hüfte und Brust ziemlich geräumig. Für Frauen eben. Aber seltsam ist es schon, dass ich bei Männern S habe und mir Frauengröße L passt… Im Endeeffekt habe ich mich dafür entschieden, weil ich es eh nur auf Konzerten anziehen werde und mein Gott, das Schlimmste, was mir passieren kann, ist, dass ich eventuell für schwul gehalten werde. Dafür habe ich ein Tocotronic-T-Shirt, dass geil aussieht!

Das war es also vom Tocotronic-Konzert. Heute morgen hatte ich dafür eine Lunge wie ein Kettenraucher und einen seltsamen Geschmack im Mund. Scheiß drauf – Hauptsache, es war geil!

6 Antworten to “Und Heinz hat mit Tocotronic Bier getrunken, ich hab sie nur live gesehen!”

  1. war bestimmt geil, live sind die jungs ziemlich geil :)

  2. Mugolinho, wo bistn du? Ich vermiss deine Beiträge :/

  3. […] Leider ging das Publikum nicht ganz so mit wie von mir gehofft – da war die Stimmung bei den Tocos um einiges besser! Daran konnte auch der Umstand nichts ändern, dass Anajo die richtigen […]

  4. […] Leider ging das Publikum nicht ganz so mit wie von mir gehofft – da war die Stimmung bei den Tocos um einiges besser! Daran konnte auch der Umstand nichts ändern, dass Anajo die richtigen Lieder zu […]

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